Landespräventionsrat Niedersachsen
CTC - communities that care

HaLT
Hart am Limit
Effektivität theoretisch gut begründet

Programminformationen

Ziel

Das Suchtpräventionsprojekt HaLT verfolgt zwei Ziele:

1. exzessivem Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen früh und präventiv zu begegnen.

2. auf kommunaler Ebene den Zugang zu Alkohol erschweren und verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol auf kommunaler Ebene zu fördern.

Zielgruppe

Jugendliche mit riskantem Alkoholkonsum und ihre Eltern - auf individueller Ebene: Frühintervention (reaktiver Baustein)

Erwachsene, z.B. Verantwortliche in Kommunen, im Verkauf, in Vereinen, Festveranstalterinnen und -veranstalter, Lehrkäfte - auf kommunaler Ebene: strategische Präventionsnetzwerke (proaktiver Baustein)

Methode

HaLT besteht aus zwei Bausteinen, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken sollen. Im reaktiven Projektbaustein werden Jugendliche nach stationär behandelter Alkoholvergiftung mit dem sogenannten „Brückengespräch“ meist noch im Krankenhaus angesprochen. Zusätzlich zu diesen Einzelberatungen für betroffene Jugendliche (und ihre Eltern) erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem riskanten Konsumverhalten im Rahmen eines 8 bis 12-stündigen Gruppenangebotes. Neben der Zusammenarbeit mit den Kliniken gibt es, regional unterschiedlich, weitere Schnittstellen, um Jugendliche mit riskantem Alkoholkonsum frühzeitig zu erreichen, z.B. Jugendberufshilfe, Ärztinnen und Ärzte, Schulsozialarbeit oder Justiz.

Ergänzend zu diesem Ansatz im Bereich der indizierten Prävention steht eine kommunal verankerte Präventionsstrategie mit dem Ziel, Alkoholexzesse und schädlichen Alkoholkonsum im Vorfeld zu verhindern. Schlüsselbegriffe für diesen proaktiven Projektbaustein sind Verantwortung und Vorbildverhalten von Erwachsenen im Umgang mit Alkohol, die konsequente Einhaltung des Jugendschutzgesetzes an Festen, in der Gastronomie und im Einzelhandel sowie eine breite Sensibilisierung der Bevölkerung.

Während der reaktive Baustein die Zielgruppe der riskant Alkohol konsumierenden Jugendlichen anspricht, wendet sich der proaktive Baustein vorwiegend an Erwachsene.

 

Maßnahmen:

  • Hilfen für betroffene Jugendliche
  • Beratungsangebote für ihre Eltern (reaktiver Baustein)
  • konsequente Einhaltung der Gesetze (Jugendschutz, keine Alkoholabgabe an Betrunkene)
  • verbindliche Etablierung von Präventionsstandards in Kommunen, bei Festen usw.; Öffentlichkeitsarbeit
  • Einsatz von praxiserprobten Materialien wie Leitfäden für Schulfeste, Klassenfahrten und Sportvereine, Checklisten und Materialien für Festveranstalterin und -veranstalter oder Fortbildungsmodule für Auszubildende im Einzelhandel
Material / Instrumente

HaLT-Handbuch und Präventions-Materialien: Wer das HaLT-Projekt umsetzen möchte, muss verpflichtend an einem zweitägigen Einführungsseminar teilnehmen. Die Teilnehmenden erhalten dort kostenlos das HaLT-Trainermanual. Es beinhaltet Informationen zum riskanten Alkoholkonsum und zum Projekt selbst, sowie eine CD mit den Druckvorlagen für die HaLT-Materialien. Damit sollen Fachstellen die HaLT-Materialien regional anpassen und vor Ort drucken lassen können. Die HaLT-Materialien (Plakate und Infokarten zum Jugendschutz, Tipps für Eltern, Handreichungen für Schulen und Vereine etc.) stehen unter www.halt-projekt.de zur Verfügung.

HaLT-Leitfaden und Gesprächswegweiser für das Brückengespräch: Ziel im Brückengespräch ist es, die Jugendlichen zur Reflexion ihrer Alkoholvergiftung anzuregen und ihre Selbstwirksamkeit und Risikokompetenz im Umgang mit Alkohol zu stärken. Der Leitfaden auf der Basis der motivierenden und lösungsorientierten Gesprächsführung unterstützt die HaLT-Beraterin bzw. den HaLT-Berater dabei.

HaLT-Basismaterialien: DIN A2 Plakate "Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen"; DIN A4 Schilder "Jugendschutz - Wir machen mit"; Rote Karten "Jugendschutz - Wir machen mit"; Checkliste "Für eine schöne Festkultur"; Broschüre Teil 1: "Tipps für Eltern - Jugendliche und Alkohol"; Broschüre Teil 2: "Tipps für Eltern - Jugendliche und Alkohol"; Alle Materialien sind als Druckvorlagen auch auf der CD im HaLT-Handbuch.

HaLT-Handbuch: Projektdokumentation und Trainer-Manual für den Einsatz in der Alkoholprävention bei Kindern und Jugendlichen. Es enthält eine CD mit allen Materialien und Medien zum Projekt.

Das Handbuch bietet einen Überblick über die Projektinhalte, stellt die HaLT-Standards und deren Wirksamkeit dar und leistet eine Hilfestellung beim Aufbau der Netzwerke und der Durchführung pädagogischer Angebote. Zum proaktiven Baustein beinhaltet es Informationen zur Wirksamkeit von verhältnispräventiven Maßnahmen (erprobte Strategien und Maßnahmen). Zum reaktiven Baustein informiert es über das Profil der Zielgruppe der riskant konsumierenden Jugendlichen, die Erschließung der Zielgruppe durch geeignete Zugangswege und –angebote, zentrale Inhalte von motivierender Gesprächsführung und das Konzept der Risikokompetenz, einen Leitfaden zur Durchführung der Brückengespräche und einen Leitfaden zur Durchführung des Gruppenangebotes ein.

Programmbeschreibung
Ansprechpartner

Villa Schöpflin gGmbH
HaLT Service Center
Franz-Ehret-Str. 7, 79541 Lörrach
Tel.: 07621-9149090

 

In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Hessen geben die Landeskoordinationsstellen Auskünfte und praktische Tipps. Die Adressen stehen unter: https://halt.de/netzwerke-partner/bundesnetzwerk.html

Evaluation

Wurdak, M., Wolstein, J. (2012). Abschlussbericht. Motivbasierte Intervention am Krankenbett im Rahmen des Projektes "HaLT - Hart am Limit". Bamberg: Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Wolstein, J., Wurdak, M., Stürmer, M. (2012). Factsheet: Evaluation des Alkoholprventionsprojektes HaLT - Hart am Limit in Bayer. Bamberg: Otto-Friedrich-Universität Bamberg.

Kasten, L., Tossmann, P. (2010). Evaluation des "NachHaLT"-Projekts in Berlin. Ergebnisbericht. Berlin:
delphi - Gesellschaft für Forschung, Beratung und Projektentwicklung.

Reis, O., Pape, M., Häßler, F. (2009). Ergebnisse eines Projektes zur kombinierten Prävention jugendlichen Rauschtrinkens. Sucht, 55(6), 347-356.

Müller, S., Pabst, A., Kronthaler, F., Grübl, A., Kraus, L., Burdach, S., Tretter, F. (2009). Akute Alkoholvergiftung bei Jugendlichen. Erste Ergebnisse eines Münchener Pilotprojekts. Deutsche Medizinische Wochenzeitschrift, 134(21), 1101-1105.

Stolle, M., Sack, P.-M., Thomasius, R. (2009). Rauschtrinken im Kindes- und Jugendalter. Epidemiologie, Auswirkungen und Intervention. Deutsches Ärzteblatt, 106(19), 323-328.

Steiner, M., Knittel, T., Zweers, U. (2008). Endbericht. Wissenschaftliche Begleitung des Bundesmodellprogramms "HaLT - Hart am LimiT". Basel: Prognos.

Wienberg, G. (2008). Prävention von Alkoholproblemen. Was wirkt wirklich? Vortrag HaLT-Tagung in Lörrach.

Villa Schöpflin (2008). Das HaLT-Projekt in Rostock. Evaluationsstudie des Universitätsklinikums Rostock. Zusammenfassung. Lörrach: Villa Schöpflin.

BMG, prognos (2007). Bundesmodellprojekt "HaLT - Hart Am Limit". HaLT- "Hart am Limit" ist effektiv und effizient, InfoLetter Nr. 3. Basel: Prognos.

Steiner, M., Knittel, T., Comte, C. (2007). Kurzbericht zur Modellphase II. Wissenschaftliche Begleitung des Bundesmodellprogramms "HaLT - Hart am LimiT". Basel: Prognos.

 
Das Programm wurde am 10.01.2013 in die Datenbank eingestellt
und zuletzt am 19.01.2024 geändert.
Kommentar der Programm-Verantwortlichen

Präzisierung der inhaltlichen Darstellung vorgeschlagen von Villa Schöpflin und umgesetzt am 22.11.2013.


Konzept, Umsetzung und Evaluation

Konzeptqualität

Kriterien sind erfüllt.

Evaluation
Evaluationsmethode und Ergebnisse

Bei den vorliegenden Evaluationsstudien von HaLT handelt es vornehmlich um Prozessevaluationen, welche die Umsetzungsqualität beurteilen. Neben der wissenschaftlichen Begleitung des Bundesmodellprogramms zu HaLT (Steiner et al. 2008) liegen Evaluationen vor, die sich auf die HaLT-Umsetzung in unterschiedlichen Regionen (Rostock, Berlin, Bayern etc.) beziehen. Dabei wurden bis auf eine Ausnahme Evaluationsmethoden eingesetzt (Teilnehmer-Zufriedenheits-Messungen, Zielerreichungs-Messungen etc.), die keine Aussagen über die Wirksamkeit zulassen. Eine Wirkungsevaluation von HaLT wurde bis dato nur für den Standort Rostock vorgenommen. Aufgrund der fehlenden Standardisierung von HaLT besteht allerdings ein großer Spielraum für regionale Umsetzungsvarianten, so dass diese (positiven) Ergebnisse nicht verallgemeinert werden können (fehlende externe Validität).  
 

Steiner et al. 2008:

Wissenschaftliche Begleitung des Bundesmodellprogramms „HaLT – Hart am LimiT"
Eine Evaluation der Wirksamkeit der HaLT-Strategie im eigenen Sinne war nicht Bestandteil des Auftrags an die wissenschaftliche Begleitung durch Prognos. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung konnte allerdings die Umsetzbarkeit und grundsätzliche Übertragbarkeit des Präventionsansatzes HaLT nachgewiesen werden.
 

Kasten & Tossmann 2010:

Evaluation des „NachHaLT“-Projekts in Berlin
Qualitative und quantitative Methoden der Sozialforschung
Studiendesign: retrospektiv durchgeführte Datenerfassung, kein Vergleich von Konsumdaten vor und nach der Intervention, fehlende Kontrollgruppen
Keine Veränderungsmessung; nur bedingt Aussagen über Effekte des Programms auf das Konsumverhalten der Untersuchungsteilnehmerinnen und –teilnehmer
 

Wolstein et al. 2012:

Evaluation des Alkoholpräventionsprojektes HaLT in Bayern (2008-2010)
Befragung von 468 Jugendlichen aus 22 HaLT-Standorten (online-Fragebogen)
Befragung der Eltern zu ihren Erfahrungen (paper-pencil Fragebogen)
Befragung der HaLT-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, Klinikpersonal, politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger (halb-standardisierte Telefoninterviews)
Methoden: Teilnehmerzufriedenheits-Messung, Zielerreichungs-Messung; Zielgruppenerreichungs-Messung
 

Villa Schöpflin 2008:

Evaluation des HaLT-Projekts in Rostock (2004 - 2006)
Es wurden die primären Effekte untersucht (z.B. Rückgang der Alkohol-Intoxikationsrate), die HaLT-Gruppe weist eine Stichprobengröße von n = 136 auf, die Kontrollgruppe (alle anderen Kinderkliniken in Mecklenburg-Vorpommern) von n = ca. 20 000. Die sekundären Effekte wurden analysiert, als matched-pairs Vergleichsgruppe (n = 20) dienten hierbei Patientinnen und Patienten aus anderen Kinderkliniken. Seit Beginn des Projekts (2004) war die Intoxikationsrate stark rückläufig (2004 und 2005) bzw. stabil (2005 und 2006). Zwischen 2004 und 2006 sank die Prävalenz der Alkoholintoxikationen im Rostocker HaLT-Gebiet um 20 Prozent, während es im Gebiet ohne HaLT um 30 Prozent stieg. Auf allen Problemfeldern liegt die HaLT-Gruppe unter der Vergleichsgruppe, die keine vergleichbare Behandlung erfahren hat. Rückgang der Intoxikationsrate im HaLT-Gebiet um rund 20% – gegenläufig zum Trend der Kontrollgruppe.
Die Telefoninterviews (anhand eines Fragebogens) umfassten Fragen zu sieben Problembereichen.

Evaluationsergebnisse
(überwiegend) positiv
Evaluationsniveau und Beweiskraft
0 Sterne - keine Beweiskraft
Aufwand
mit (€) gekennzeichnete Posten erfordern finanzielle Leistungen an Externe

Während des Modellprogramms arbeiteten an den Modellstandorten in d. R. zwei Personen. Für den Aufbau der Strukturen standen 120 Stellenprozente zur Verfügung. Nach Etablierung der regionalen Netzwerke werden weniger Ressourcen benötigt, da durch die Mitwirkung der Kooperationspartnerinnen und -partner (Multiplikatorinnen und Multiplikatoren) bei den Hauptamtlichen weniger Ressourcen benötigt werden.

Gemeinden, die HaLT neu aufbauen, müssten zwei 40-Prozent-Deputate über zwei Jahre finanzieren. Eine Person übernimmt den Aufbau des Kooperationsnetzwerks und führt die Multiplikatorenschulungen (Gemeinden, Festveranstalterin bzw -veranstalter, Vereine, Verkaufspersonal) durch, die andere führt das reaktive Angebot durch.

Wer HaLT umsetzen will, muss ein zweitägiges HaLT-Kompaktseminar besuchen. Alle HaLT-Beraterinnen und -Berater müssen an einem HaLT-Brückengesprächsseminar teilgenommen haben. Dier Zertifizierung durch eine Seminarteilnahme ist Grundlage für die Abrechnung der Frühintervention mit Jugendlichen über die Krankenkassen.

Kosten der Umsetzung - der „Präventionscent“: In der Umsetzungsphase sollte eine Kommune mit 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern mit ca. 15.000 -  25.000 Euro pro Jahr für die Tätigkeiten im proaktiven Projektbaustein (insbesondere Multiplikatorenschulungen) und die Koordination des Netzwerkes einkalkulieren. Das entspricht einem Deputat mit 30 bis 50 Stellenprozenten. Ein „Präventionscent“ pro Einwohnerin bzw. Einwohner könnte den proaktiven Baustein finanzieren. Das reaktive Angebot kostet pro Jugendlichem etwa 360 Euro. In diesen Kosten enthalten sind das Brückengespräch, das Elterngespräch, das erlebnispädagogische Gruppenangebot und das abschließende Zielvereinbarungsgespräch. Bei 28 Jugendlichen pro Jahr kostet HaLT 10.080 Euro, was einem 20-Prozent-Deputat einer Sozialpädagogin oder eines Sozialpädagogen entspricht.

Die Finanzierungsgrundlagen der HaLT-Projekte vor Ort sehen sehr unterschiedlich aus. Über Krankenkassen, die in den einzelnen Bundesländern Rahmenvereinbarungen beigetreten sind, können folgende Leistungen finanziert werden: Brückengespräch, Elterngespräch, Gruppenangebot Risiko-Check, Interventionsabschluss mit Zielvereinbarung.

erforderliche Kooperationspartner

Im reaktiven Bereich: Kliniken, Sanitäterinnen und Sanitäter, Polizei, ASD / Jugendamt; Wohngruppen, Jugendgerichte, offene Jugendarbeit, Lehrkräfte / Schulen, Schulsozialarbeit, Ausbildungsbetriebe

Im proaktiven Bereich: Kommunen, Polizei, Festveranstalterinnen und -veranstalter, Vereine, Einzelhandel, Schulen (Lehrkräfte, Schulsozialarbeit), offene Jugendarbeit

Zeit bis zu erwartbaren Auswirkungen auf Risiko- bzw. Schutzfaktoren
Unterstützung bei der Umsetzung

Kurzsteckbrief der Antworten des Programmanbietenden auf eine Umfrage des Landespräventionsrates Niedersachsen. Weitere Informationen folgen.


Erfahrungen mit dem Programm

Programm probiert in

Mittlerweile gibt es über 160 HaLT- Standorte im gesamten Bundesgebiet (Stand: Juni 2017).

Programm aufgenommen in anderen Datenbanken, best-practice-Listen o.ä.

Suchzugänge

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